Internationaler Frauentag 2023

Sehen und gesehen werden
Intersektional: gemeinsam für ein selbstbestimmtes und gewaltfreies Leben.

Dienstag, 7. März 2023

 

 

 

 

Intersektionalität


Das Thema Intersektionalität gewinnt auch in der breiteren öffentlichen Debatte und Wahrnehmung an Bedeutung. Gleichzeitig ist Intersektionalität häufig ein auf den ersten Blick eher sperriger, in der Praxis noch nicht etablierter Begriff, der bei einigen frauenpolitischen Akteur:innen mit Unbehagen verbunden sein kann („Wieder ein neues Schlagwort?“). Es stellt sich also die Frage: Wie ist das Konzept der Intersektionalität gleichstellungspolitisch einzuordnen und welche Relevanz hat es?

Um sich hiervon ein Bild machen zu können, ist es wichtig, sich dem Begriff und den Hintergründen zu nähern. Als Kategorie für Fragen der sozialen Gerechtigkeit bietet Intersektionalität eine Perspektive, die es erlaubt, Unterdrückung und Ungleichheit auf verschiedenen Achsen zu erkennen und ihre Verschränkung zu verstehen. Der Begriff wurde von der US-amerikanischen Juristin Kimberlé Crenshaw geprägt und leitet sich von dem englischen Wort für Straßenkreuzung (intersection) ab. Mit diesem Bild kann anschaulich gezeigt werden, dass mehrere Benachteiligungslagen gleichzeitig wirken können und dies häufig nicht berücksichtigt wird. Emilia Roig: „Wenn wir uns (…) das Beispiel der Gleichstellung zwischen Männern und Frauen anschauen, dann blicken wir nicht nur auf die Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen, sondern auch auf die Ungleichheiten innerhalb der Kategorie Frau, anhand von Hautfarbe, ethnischer Herkunft, Religion, Behinderung, sexueller Orientierung, sozioökonomischen Status etc.“

Es geht dabei vor allem um das gleichzeitige Ineinanderwirken (und nicht nur die einfache Addition) mehrerer Diskriminierungstatbestände, u.a. auch durch unbewusste Voreingenommenheit (unconscious bias). Es ergibt sich eine neue, eigene, unter Umständen verstärkte Benachteiligungslage, die bei Betrachtung der einzelnen Benachteiligungslagen nicht vollständig sichtbar wird. So steht eine Frau hohen Alters anderen Diskriminierungen gegenüber als eine junge Frau, aber auch anderen Diskriminierungen als ein Mann hohen Alters. Durch den Begriff der Intersektionalität wird somit eine konzeptionelle Lücke für eine Thematik geschlossen, die in der feministischen Praxis schon lange bekannt ist (z.B. im Migrantischen Feminismus, TransFeminismus etc.), und kann so deren Sichtbarkeit erhöhen und Diskursgrundlage sein.

Die Veranstaltung soll einen Beitrag zur Begriffsklärung in Theorie und Praxis leisten und einen 360 Grad-Blick auf das Thema ermöglichen. Wir wollen mit unseren Gästen Schnittstellen identifizieren und über gemeinsame Herausforderungen und Ziele ins Gespräch kommen. Schwerpunkt soll ein lebendiger Austausch zwischen den Teilnehmer:innen aus praktischer Sicht sein, um das Gemeinsame und den „Mehrwert für alle“ des Konzepts erfahrbar zu machen.

Bestenfalls ist die Veranstaltung ein Auftakt für eine neue feministische Solidarität, die wir mit Bündnissen und gemeinsamen Aktionen festigen.